The NAGA Group AG: Exklusiv-Interview mit Vorstandschef Yasin Sebastian Qureshi

Finanztrends-Autor Sascha Huber führte im Rahmen der letzten Münchener Kapitalmarkt Konferenz ein sehr ausführliches Interview mit Yasin Sebastian Qureshi, CEO von The Naga Group AG.

Sehr geehrter Herr Qureshi, die The NAGA Group legte ja im vergangenen Jahr (2017) einen furiosen Börsengang aufs Frankfurter Börsenparkett – im neuen Börsensegment Scale. Einige Fußballfans kennen die NAGA Group – zumindest dem Namen nach – auch als Sponsor des Hamburger SV (HSV). Stellen Sie doch trotzdem Ihr Unternehmen unseren Leserinnen und Lesern mal kurz vor!

Antwort von Yasin Sebastian Qureshi: Die NAGA Group wurde im Jahr 2015 als Plattform und Soziales Netzwerk gegründet, über das man in Finanzinstrumente, Kryptowährungen und virtuelle Güter investieren kann. Vom Geschäftsmodell her sind wir also ein Soziales Netzwerk mit einem dahinter geschalteten Online Broker. Das bedeutet, dass unsere Monetarisierung über den Online Broker funktioniert.

Wir sind rund 200 Mitarbeiter, ca. die Hälfte davon Freelancer im Bereich Technologie. Dabei verfügen wir über EU-Finanzdienstleisterlizenzen in Zypern als Wertpapierhandelsbank-äquivalent. Diese Banking-Lizenzen erlauben es uns das Brokerage anzubieten. Lassen Sie mich vielleicht zum Schluss noch ein paar Worte zu unseren Kennzahlen verlieren.

Wir verfügen aktuell über ca. 500.000 Nutzer auf unserer Plattform, die noch primär aus Europa stammen. Zwar haben wir inzwischen einen starken Fokus auf die Emerging Markets gelegt. Allerdings haben wir erst vor wenigen Wochen mit der Adressierung dieser Märkte begonnen.

Zukünftig, also im Laufe des Jahres 2019, möchten wir dann jedoch verstärkt nach Asien und Afrika expandieren. Ansonsten konnten wir unsere Umsätze von 300.000 Euro in 2016 auf über 12 Mio. Euro in 2017 sowie ca. 19 Mio. Euro in 2018 steigern. Dabei werden wir 2018 auch erstmals einen positiven Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ausweisen können.

Das hört sich nach einer sehr rasanten Entwicklung an. Vielleicht war die damalige Anfangseuphorie ja dann doch zumindest zum Teil berechtigt, auch wenn sie inzwischen komplett verflogen ist. Meine nächste Frage wäre nun aber, mit wem Sie Ihr Unternehmen im Wettbewerb stehen sehen? Gibt es da einen oder mehrere Konkurrenten, die Sie nennen können? Oder sehen Sie sich noch als quasi konkurrenzlosen First Mover?

Antwort von Yasin Sebastian Qureshi: Man muss sagen, dass wir eigentlich ein Hybrid aus verschiedenen Elementen sind. Ich kam ja aus der Banking-Welt, hatte also zuvor eine Bank mit Vollbankzulassung in Deutschland, und Lizenzen in London, Hong Kong und Dubai gegründet und diese 15 Jahre geführt. Dann habe ich meinen Geschäftspartner Ben (Benjamin Bilski) kennen gelernt, der damals schon sein eigenes Startup namens Swipy – eine Art Tinder für Mode (Fashion) – aufgebaut hatte.

Ich habe ihn dann gefragt, ob er auch Finanzen so spannend aber trotzdem einfach zugänglich machen kann wie diese App. Er bejahte dies und ich fragte ihn nach den Kosten, die er wiederum auf rund 30.000 Euro bezifferte. Diese habe ich investiert und bis heute wurden daraus über 30 Mio. Euro. Letztlich sind wir also ein wenig vergleichbar mit facebook oder Instagram. Nur das wir keine Social Graphs, sondern einen Finance Graph bilden und Investoren direkt aus der Plattform heraus investieren können.

Wir schauen also, was der einzelne in seinem Portfolio hat und gleichen dies mit anderen ab. Dadurch liefern wir sehr maßgeschneiderten Content, was dazu geführt hat, dass 72% der letzten 500.000 Trades über unsere Plattform community-induziert waren. Somit wachsen wir viral, weil die Empfehlungen der Freunde immer noch das höchste Gewicht haben – und diese kann man sogar spiegeln lassen.

Zu den Wettbewerbern, die wir am Markt sehen: Im Bereich Social Trading wäre das wohl in erster Linie eine eToro oder Ayondo. Im Bereich der Krypto-Börsen würde ich wohl Binance oder Kraken nennen, wenngleich wir mit Binance eine Partnerschaft eingegangen sind. Schaut man sich die Anbieter von Krypto-Wallets an, muss man sicherlich Coinbase nennen. Last but not least wären dann im Bereich der Karten wohl Monzo oder Revolut zu nennen.

Wir sind also ein Hybrid aus mehreren Dingen mit eigenem Sozialen Netzwerk und dem Online Broker zur Monetarisierung. Dennoch ist unser Businessmodell recht einfach zu verstehen und primär transaktionsgetrieben. Allerdings kam von dem Jahresumsatz in Höhe von ca. 19 Mio. Euro in 2018 auch rund eine Million Euro durch den Verkauf von Werbung. Denn wir sind natürlich in dieser Hinsicht spannend für die Anbieter von Finanzprodukten.

Ist das denn nicht gerade in Deutschland ein Problem, wenn Leute offen legen sollen, was Sie in Ihren Portfolios haben? Machen die Deutschen das wirklich?

Antwort von Yasin Sebastian Qureshi: Ja, absolut, unsere Quote diesbezüglich liegt tatsächlich bei 100%. Das hängt wohl mit der Demographie zusammen, wir zielen ja in erster Linie auf Millennials. Diese teilen unsere Idee der Demokratisierung von Finanzdienstleistungen. Trotzdem gebe ich gerne zu, dass wir selbst schon ein wenig überrascht waren, dass 100% der Leute wirklich alles offen legen. Allerdings legen die sich ja auch ein Profil mit einem Avatar an.

Das Konto ist zwar KYC (Know Your Customer), also real. Aber sie treten halt unter Nicknames wie „Crypto God“ an. Was wir immer wieder sehen ist, dass Konten infolge großer Verluste geschlossen und anschließend dann wieder neue Konten eröffnet werden. Aus diesem Grund raten wir auch unseren Mitgliedern, dass sie nur Konten folgen sollten, die eine lange Historie sowie eine hohe Konsistenz aufweisen.

Ich habe ja auch ein Buch darüber geschrieben, was man im Finanzbereich besser tun oder besser lassen sollte, auch speziell mit Bezug zu NAGA. Das Buch ist im Finanzbuchverlag erschienen und sei jedem an dieser Stelle ans Herz gelegt. Aktuell arbeite ich übrigens an einem zweiten Buch, das ebenfalls im Finanzbuchverlag erscheinen und sich mit dem Einfluss der Blockchain befassen wird.

Zum Verlauf des (Geschäfts)Jahr 2018 haben Sie ja eben schon alles gesagt. Wie sieht es aber mit einem Ausblick auf das (Geschäfts)Jahr 2019 – und evtl. auch noch darüber hinaus – aus?

Antwort von Yasin Sebastian Qureshi: Es gibt ja verschiedene Research-Berichte von Edison, GBC oder SMC. Aufgrund des aktuellen Krypto-Markt-Umfeldes können wir in dem Krypto Segment die Wachstumsraten der Vergangenheit wohl nicht ganz beibehalten. Die Marktentwicklung hat hier also schon einen wichtigen Einfluss. Würden die Krypto-Märkte wieder durchstarten, könnten wir bspw. durchaus auch einen höheren Jahresumsatz schaffen. Aber wir müssen hier natürlich konservativ planen, mit dem Ziel am Ende positiv zu überraschen.

Über das Jahr 2019 hinaus können wir leider nur sehr schwer konkrete Prognosen abgeben. Daher würde ich als mittel- bzw. langfristiges Ziel eine Fortsetzung unseres Wachstums ausgeben wollen. Das sollte aber möglich sein, da wir bspw. ja eine Kooperation mit MyBucks eingegangen sind, mit deren Hilfe in Kürze gemäß unseres Kooperationsvertrags ca. 1,5 Mio. Kunden von Afrikas größtem Landing Provider Zugang zu all unseren Dienstleistungen bekommen werden. Es geht hier also um eine volle Integration über ein sogenanntes Software Development Kit (SDK). Mit weiteren solchen Deals könnten wir natürlich unser Wachstum zukünftig erheblich forcieren.

Interessant ist in diesem Zusammenhang sicherlich auch, dass unser chinesischer Großaktionär Fosun eine Beteiligung am chinesischen Äquivalent von N26 hält. Diese Company verfügt derzeit schon über fast so viele Nutzer wie Deutschland Einwohner hat. Wenn wir dort eine Kooperation hinkriegen würden, an der wir regulatorisch arbeiten, bekommt unsere Geschäftsentwicklung eine ganz andere Dynamik. Allerdings ist nicht prognostizierbar ob und falls ja wann das klappt.

Hätte man mir 2015 gesagt, dass NAGA in 2017 – bezogen auf die Anzahl der Investoren (63.000 Anleger!) – den zweitgrößten Crowd Sale im Krypto-Bereich überhaupt macht, hätte ich das nicht geglaubt. In den Studien von Edison, GBC und SMC finden Sie sicherlich noch detailliertere Informationen. Aber hier an dieser Stelle möchte ich derzeit mal nur von unserem Basisszenario ausgehen. Sollten sich die Märkte besser entwickeln, hat dies natürlich auch Einfluss auf unsere Entwicklung.

Wobei unser Nutzerwachstum gut aussieht, der ökonomische Effekt dieses Nutzerwachstums aber zum Teil erst etwas verzögert zum tragen kommt. Das liegt einfach daran, dass sich neu angemeldete Mitglieder ja erst einmal auf unserer Plattform zurecht finden müssen. Oft wird mit Demokonten gestartet, ehe es zu einem Wechsel zu Livekonten sowie im Laufe der Zeit zu entsprechenden Einzahlungen kommt.

Zu guter Letzt haben wir unseren Fokus ja kürzlich verstärkt auf die Emerging Markets und hier besonders Lateinamerika gelegt. Dies erschwert uns eigene Prognosen zusätzlich, denn noch können wir nicht so wirklich abschätzen, wie sich die Geschäfte dort letztlich entwickeln werden. Sind die Menschen dort glücklicher mit unserem Angebot und nutzen es mehr als die Europäer? Oder eher umgekehrt? Das müssen wir noch abwarten und auswerten.

Lassen Sie mich mal zum Thema Regulierung kommen. Zuletzt haben die Regulierer ja beispielsweise bei Derivaten eingegriffen und eine Nachschusspflicht sowie hohe Hebel verboten. Auch im Bereich der Kryptowährungen ist die Regulierung natürlich ein großes Thema, insbesondere im Hinblick auf die wohl bald kommende Einstufung in Equity Token, Security Token und Utility Token. Wie sehen Sie das und hat die Regulierung einen Einfluss auf Ihre Geschäftsentwicklung?

Antwort von Yasin Sebastian Qureshi: Ich habe da einen sehr klaren Blick drauf. Beginnen wir mit den Derivaten. Übrigens wären, wenn Sie nackte Handelsplattformen mit hinein nehmen, auch CMC Markets, IG Markets oder Plus500 Wettbewerber von uns. Ich selbst habe damals mit der von mir gegründeten Bank ja auch zig Milliarden an Volumen in diesem Bereich gedreht. Erst einmal ist es so, dass ich die neuen ESMA-Regeln mit der Hebelreduktion grundsätzlich begrüße. Dadurch gab es zwar kurzfristig auch bei uns einen Cut, dennoch sind wir am Ende des Jahres in diesem Bereich deutlich gewachsen.

Allerdings überlegt sich die ESMA bereits, ob Sie die diesbezüglich eingeführten Regeln nicht wieder aufweichen. Denn zuletzt sind eben sehr viele Kunden einfach auf die Cayman Island oder Mauritius etc. ausgewichen und haben sich damit der Regulierung entzogen. Damit werden die Kunden jedoch nicht mehr, wie eigentlich beabsichtigt, geschützt, sondern es wird aufgrund der dort fehlenden Regulierung gefährdeter. Ich persönlich denke trotzdem, dass ein Hebel von 30 reichen müsste. Daher befürworte ich die Eingriffe, weil so mehr Nachhaltigkeit Einzug hält.

Im Bereich der Kryptowährungen lautet mein Appell, dass die entsprechenden Regulierer diese bitte endlich sinnvoll regulieren sollten. Ich vergleiche das gerne mit der Einführung der Derivate vor vielen Jahren. Die machten zunnächst ca. 0,5% der gesamten Marktkapitalisierung aus. Heute machen diese hingegen ein Vielfaches der gesamten Marktkapitalisierung aus – und der Trigger war seinerzeit einfach die sinnvolle Regulierung dieses Marktes. Denn nur so kann letztlich das Vertrauen der Anleger zurück gewonnen werden.

Ich vergleiche das gerne mit der „Dotcom Bubble“. Als diese seinerzeit platzte, stürzten Amazon, Yahoo und Co. auch um -95% ab. Trotzdem war weder das Internet noch der eCommerce tot. Gleiches sehe ich auch im Bereich der Kryptowährungen. Die Blockchain ist da und wird unsere Welt zukünftig so revolutionieren wie seinerzeit das Internet. Mit einer vernünftigen Regulierung werden wir daher auch ein Comeback der guten Kryptowährungen sehen.

Zu diesen guten Kryptowährungen zähle ich dabei auch den NAGA Coin. Zwar haben wir zuletzt viel Kritik an dessen Konstruktion bekommen. Diese halte ich jedoch für nicht gerechtfertigt. Denn wegen der fehlenden Regulierung mussten wir, auf Anraten der BaFin sowie unserer Berater, offshore ansiedeln. Allerdings liegt das Geld keineswegs auf Offshore-Konten, sondern bei renommierten Banken. Darüber hinaus muss man mal klar sagen, dass wir schneller und mehr abgeliefert haben, als wir im White Paper versprochen hatten.

Obwohl der NAGA Coin abgestürzt ist, was ich daher schlicht auf die Gesamtmarktentwicklung zurückführe, würden wir vieles wieder so machen. Mit Hilfe des Coins konnten wir gut 50 Mio. Euro zur weiteren Expansion einsammeln, ohne die Aktionäre zu verwässern. Dieses Geld haben wir, wie im White Paper beschrieben, auch sinnvoll investiert.

Dabei wäre eine sinnvolle Regulierung m.E. sehr hilfreich. Es ist aus meiner Sicht eine Schande, dass die ESMA noch immer mit Worten wie may, would, should oder could an dieses Thema heran geht.

Sie sprachen jetzt hier von der ESMA, also der europäischen Regulierungsbehörde. Glauben Sie nicht, dass die Regulierung – wie fast immer – eher von den USA und somit der SEC ausgehen müsste?

Antwort von Yasin Sebastian Qureshi: Ich glaube, dass jede Anstrengung in dieser Richtung helfen würde. Insofern würde ich auch eine Regulierung durch die SEC begrüßen. Für uns als deutsches und somit europäisches Unternehmen brauchen wir jedoch primär eine europäische Regulierung. Optimalerweise einigt man sich aber natürlich auf globale Regeln.

Denn ich bin fest davon überzeugt, dass die Emerging Markets, nahezu sicher, das traditionelle Finanzsystem nicht mehr einführen, sondern überspringen werden. Genauso wie sie seinerzeit auch keine Festnetz-Telefonie mehr eingeführt, sondern sofort auf Mobilfunk gesetzt haben. Aber die Blockchain macht ja noch viel mehr möglich.

Denken Sie beispielsweise an die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Dort könnte die Verteilung viel effizienter mit Hilfe der Blockchain abgewickelt werden. Gleiches gilt auch für die Erhebung von Steuern etc. Ich selbst bin teilweise indisch-pakistanischer Abstammung, so dass mir solche Entwicklungen in gewisser Hinsicht ein Herzensanliegen sind.

Ja, das hört man ein wenig heraus. Kommen wir aber zur nächsten Frage. Es gibt ja neue Megatrends wie Artificial Intelligence (Künstliche Intelligenz) oder Machine Learning (Lernende Maschinen). Befassen Sie sich (bei der NAGA Group) auch schon mit solchen Themen? Und setzen Sie solche Dinge schon ein?

Antwort von Yasin Sebastian Qureshi: Diese Themen werden ja oft sehr gehyped, quasi als gern genommene Buzzwords. Oftmals ist das keine große Magie, denn es gibt offene APIs (Application Programming Interfaces) der üblichen Verdächtigen wie Google, wo Sie Ihre Daten durchjagen können. Sowas nutzen wir durchaus auch.

Wir gehen aber noch einen Schritt weiter und haben im NAGA Trader einen sogenannten CyBo entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus der Crowd und einem Algorithmus. Konkret scannt der Algorithmus dabei unser Leaderboard nach den persönlichen Präferenzen des jeweiligen Nutzers.

Somit hilft dieser CyBo unseren Nutzern bei der Suche nach interessanten Vorbildern und fördert damit die menschliche Interaktion. Ich glaube grundsätzlich, dass Geschäftsmodelle, die die menschliche Interaktion fördern, eine sehr große Zukunft haben werden. Das ist quasi die nächste Generation von Konzepten wie Ayondo oder eToro.

Letztlich brauchen wir diese Künstliche Intelligenz auch noch im Bereich NAGA Wealth (Management), auf dessen Launch Fosun großen Wert legt. Dabei geht es darum unseren Kunden einen langfristigen Vermögensaufbau (anstatt kurzfristiger Zocks) anzubieten.

Aber auch im Bereich des Advertising (→ Targeting) benötigen wir die Künstliche Intelligenz, zumal dieser zukünftig immer wichtiger für uns werden dürfte. Denn bis dato gibt es im Finanzbereich noch keine Möglichkeit solch zielgerichteter Werbung.

Lassen Sie uns vielleicht noch ein wenig über die Aktie Ihres Unternehmens sprechen. Anfangs wurde diese ja sehr gehyped, inzwischen ist der Hype aber vorbei. Was möchten Sie tun, um wieder mehr Aufmerksamkeit auf die Aktie zu lenken? Außer solchen Auftritten wie hier auf der Münchener Kapitalmarkt Konferenz natürlich…

Antwort von Yasin Sebastian Qureshi: Wir wollten ursprünglich eher still und leise an die Börse gehen. Denn wir hatten ja kurz zuvor noch die Frage auf dem Tisch, ob z.B. das Inhaberkontrollverfahren mit Fosun durchgehen wird. Schließlich gab es diesen Handelsstreit mit China – und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter Leitung von Sigmar Gabriel hatte den Chinesen verboten zu investieren. Es hieß, dass es hier eventuell um eine sicherheitsgefährdende Technologie ginge, die die Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gefährden könnte.

Daher wussten wir nicht, ob wir einen zweistelligen Millionen Euro Betrag der Chinesen bekommen werden oder nicht. Daher hatten wir parallel den IPO geplant, auch um dadurch frisches Geld einzusammeln. Dann legte sich jedoch der Handelskrieg und so haben wir in Sachen IPO kleinere Brötchen gebacken. Denn durch das Investment von Fosun hatten wir ja plötzlich viel Geld. Insofern sollte der IPO primär dazu dienen, Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen, anorganisch durch Share Deals zu wachsen, Vertrauen und Präsenz zu erhöhen.

Übrigens verfügen wir in Sarajevo (Bosnien-Herzegowina) über ein Technologiecenter, wo wir jeden Monat mehr als 1.000 Bewerbungen bekommen. Wir sind also einer der attraktivsten Arbeitgeber dort. Zudem holen wir gerne Mitarbeiter aus der Bay Area (San Francisco) nach Ablauf von deren Aufenthaltsgenehmigungen, also wenn sie zurück nach Europa kommen müssen. Dies aber dann zu nur 1/3 bis 1/4 der dort üblichen Gehälter. Das Hauptthema des IPOs war also, auch uns die Möglichkeit zu verschaffen, Talente zu rekrutieren.

Wir haben daher auch so gut wie kein Marketing zum IPO gemacht. Vielmehr haben wir den IPO fast ausschließlich auf unserer eigenen Plattform promotet. Dies genügte jedoch für eine mehrfache Überzeichnung, weshalb die Aktie zum Börsenstart Kursgewinne von ca. +300% verzeichnete. Anschließend kam es dann zum Krypto-Hype, der unsere Aktie weiter befeuerte. Einige Seed-Aktionäre nutzten dann die hohen Kurse um alle ihre Aktien zu veräußern. Darum haben wir jetzt, um Ruhe reinzubringen, neue, entsprechende Lockup-Fristen eingeführt.

Um jedoch wieder mehr Aufmerksamkeit auf die Aktie zu lenken, setzen wir auf Research (bspw. durch GBC usw.). Ferner sind wir auf Kapitalmarktkonferenzen wie beispielsweise der Münchener Kapitalmarkt Konferenz (mkk) oder zuletzt dem EigenKapitalForum (EKF) in Frankfurt (am Main). So sprechen wir mit Investoren und sorgen dadurch für entsprechende Transparenz. Auch stellen wir uns gerne sogenannten AMAs (Ask Me Anything-Questions).

Daher glaube ich, dass sich die Kursentwicklung der Aktie irgendwann wieder an die fundamentale Entwicklung des Unternehmens anpassen wird. Der Ausgabekurs lag seinerzeit ja bei 2,60 Euro, in etwa dort stehen wir nun wieder. Dabei gab es seit dem Börsengang ja viele positive Entwicklungen. Letztlich müssen wir auf diesem Weg weiter gehen, dann geht auch der Aktienkurs wieder nach oben.

Herr Qureshi, vielen Dank für dieses sehr interessante Gespräch!

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