Ölpreiskrieg: Wer kämpft hier eigentlich gegen wen?

Liebe Leser,

es war ein Schock, den viele Anleger nicht auf ihren Schirmen hatten: Nachdem die Verhandlungen zwischen Russland und der OPEC über eine Verlängerung der im April auslaufenden Maßnahmen zur Stützung des Ölpreises erfolglos im Sand verlaufen waren, riss den Saudis der Geduldsfaden.

Sie kündigten eine deutliche Erhöhung ihrer Produktion auf über 10 Millionen Barrel pro Tag an und teilten auch mit, dass sie ihr Öl in Zukunft preiswerter verkaufen werden. Die Folge war einer der stärksten Preisrückgänge, den der Ölmarkt je gesehen hat.

Seitdem der Ölhandel an der NYMEX im Jahr 1983 aufgenommen wurde, gab es nur einen einzigen Tag, den Beginn des zweiten Golfkriegs am 17. Januar 1991, an dem das Öl einen stärkeren Preisrückgang erlebte als am 9. März 2020. Damals gaben die Notierungen um weit über 30 Prozent nach. Jetzt waren es „nur“ etwas mehr als 20 Prozent.

Vordergründig betrachtet sind die Saudis sauer auf die Russen. Ihnen gilt ganz gewiss auch der Schlag, zu dem der Golfstaat in den nächsten Wochen ausholen wird. Natürlich verdient auch Saudi-Arabien weniger Geld, wenn das Öl preiswerter verkauft wird. Der Unterschied zu den Russen ist aber, dass am Golf mit einer höheren Marge produziert wird.

Erfreuliche Kollateralschäden

Analysten schätzen, dass einzelne russische Ölkonzerne bis zu 10 Milliarden US-Dollar verlieren werden, sollte der Ölpreiskrieg auch im Juni noch anhalten. Die gesamten Verluste des Landes dürften entsprechend höher liegen. Diese Folgen dürften auch den Russen vollkommen bewusst gewesen sein, als sie in den vergangenen Wochen Härte zeigten und ein Scheitern der Verhandlungen riskierten.

Ein wesentlicher Grund für die russische Unnachgiebigkeit wird deutlich, wenn der Blick geweitet und in die USA gerichtet wird. Dort sitzt mit den Schieferölproduzenten im Grunde ein gemeinsamer Feind, denn die amerikanischen Produzenten haben sich in der Vergangenheit um den Ölpreis nicht gekümmert.

Sie haben die OPEC und auch Russland ihre Produktion kürzen lassen und selbst an Öl auf den Markt geworfen, was die Bohrlöcher hergaben. Gleichzeitig hat die US-Politik den russischen Energieproduzenten einige empfindliche Schläge versetzt. Zu erinnern ist an dieser Stelle an die verschiedenen Sanktionen im Zusammenhang mit der Besetzung der Krim, die vor allem die russischen Oligarchen betrafen und an den amerikanischen Widerstand gegen die Erweiterung der Ostseepipeline.

Aus russischer Sicht ist hier eine Antwort schon lange überfällig. Jetzt wird sie gegeben und das Angenehme ist, dass der offiziell Schuldige an der Misere die Regierung in Riad ist. Nun bluten nicht nur die russischen Ölproduzenten. Die US-amerikanischen tun es auch und da ihre Produktionskosten höher sind als die in Russland, werden sie weitaus mehr unter der veränderten Situation leiden als Lukoil, Gaszpromneft und Co.

Das große Ölsterben am Golf

Es droht in den kommenden Monaten nicht mehr und nicht weniger als eine große Pleitewelle am Golf, allerdings nicht am Arabischen Golf, sondern am Golf von Mexiko und in Texas, wo viele der amerikanischen Schieferölproduzenten beheimatet sind. Sie sind durch die tiefen Preise in ihrer Existenz bedroht.

Das waren sie schon einmal, als Saudi-Arabien in den Jahren 2014 bis 2016 zum ersten Mal versucht hat, diese lästige Konkurrenz aus dem Markt zu drängen. Der Plan ist damals fehlgeschlagen, denn die US-Schieferölproduzenten erwiesen sich als flexibler als man es zuvor erwartet hatte.

Eine verbesserte Bohrtechnik und ein weiterhin uneingeschränkter Zugang zum Kapitalmarkt sicherte ihr Überleben. Ob auch jetzt wieder technische Verbesserungen schnell und im gleichen Umfang möglich sein werden, bleibt abzuwarten. Wesentlich herausfordernder ist das Thema Kapitalmarkt.

Aktuell hat die Anleger weltweit Panik erfasst. Das gilt nicht nur für die Aktien- und Rohstoffmärkte. Auch an den Anleihemärkten sorgt man sich um sein Geld. Eine Konsequenz dieser Sorge ist, dass neue Kredite nicht mehr so leicht vergeben werden wie vor vor vier oder fünf Jahren.

Gedanken und Hintergedanken

Diese verständliche Zurückhaltung könnte in den kommenden Monaten vielen US-Schieferölproduzenten zum Verhängnis werden. Wenn eigentlich die Russen getroffen werden sollten, nun aber auch die amerikanische Konkurrenz leidet und aus dem Markt gedrängt wird, dürfte dieser Kollateralschaden aus dem saudischen Blickwinkel durchaus als begrüßenswert erscheinen.

Von daher darf durchaus die Frage gestellt werden, ob die Russen die Verhandlungen mit der OPEC nicht bewusst platzen ließen, um auf die amerikanische Ölindustrie Druck auszuüben und bezüglich der saudischen Interessen ist zu fragen, ob das Königreich in den kommenden Wochen nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen will.

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