Risikostreuung mit ETFs, so geht’s (nicht)!

Lieber Investor,

wer sein Depot diversifizieren will, der wählt eine breite Streuung. Ein Anleger, der zusätzlich noch Kosten sparen und sich nicht die Mühe der individuellen Aktienauswahl machen will, kauft an dieser Stelle gerne einen Exchange-Traded Funds, einen ETF, also einen börsengehandelten Fonds, der einen Index nachbildet. Mit ihm hat man angeblich beides: ein breit diversifiziertes Depot und eine günstige Kostenstruktur.

So weit die Theorie. Die Realität sieht allerdings an vielen Stellen anders aus. Statt einer guten Mischung gibt es leicht ein Klumpenrisiko, denn die Zusammensetzung vieler Indizes ist durchaus fragwürdig. Vielen Anlegern ist gar nicht bewusst, dass sie mit ihrer Aktienstrategie sehr einseitig auf bestimmte Länder und Sektoren setzen.

Das Grundproblem der Indizes ist, dass sie nicht immer die Aktien enthalten, die man ihnen intuitiv zuschreiben würde. Ein Anleger, der zum Beispiel einen ETF auf den MSCI-Welt-Aktienindex kauft, glaubt vermutlich, er würde einen guten Querschnitt aus dem weltweiten Aktienspektrum erwerben. Sozusagen das Beste aus allen Ländern und Branchen.

Die Realität ist eine ganz andere, denn die Hälfte des ETFs besteht aus US-Aktien. Diese Einseitigkeit ist schon sehr bedenklich, denn die USA stehen nicht für 50 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Kritisch zu sehen ist auch, dass mehr als 35 Prozent der im Index enthaltenen Titel aus den Branchen Finanzen und IT stammen.

Europa als Ausgleich?

Anleger, die einen ETF auf den MSCI-Welt-Aktienindex in ihrem Depot haben, müssen sich also gut überlegen, welche Werte sie zusätzlich zu diesem Fonds kaufen wollen. US-Aktien oder ein US-Aktienfonds wären vermutlich nicht die erste Wahl, denn sie würden das Übergewicht der US-Aktien und des Technologiesektors nur noch weiter vergrößern.

Vielleicht wäre ein europäischer Aktienfonds nicht schlecht. Oder eine Investition in die Schwellen- und Entwicklungsländer. Von diesen gibt es zumindest zahlenmäßig recht viele. In den Indexzusammenstellungen spiegelt sich das jedoch nicht wider. Wer Anteile eines ETF auf den MSCI-Emerging Markets kauft, lacht sich gleich wieder zur Hälfte IT- und Finanzaktien an. Mit der Konsequenz, dass das eigene Portfolio ein massives Übergewicht dieser beiden Branchen aufweist.

Zudem machen chinesische, südkoreanische und taiwanesische Aktien mehr als die Hälfte des MSCI-Emerging Markets Index aus. Wer also einen ETF auf den MSCI-Welt-Aktienindex und einen ETF auf den MSCI Emerging Market Index erwirbt, kauft zu seinem technologie- und finanzlastigen Investment in den USA faktisch ein ebenso technologielastiges Investment in Asien dazu.

Europa würde diese Strategie bislang weitgehend ausblenden. Diesem Manko könnte man damit begegnen, dass man einen ETF auf den MSCI-Europa-Index erwirbt. Die vermeintliche Lösung bringt aber weitere Probleme mit sich, denn im MSCI-Europa-Index hat Großbritannien, das sich im letzten Jahr gerade zum Brexit entschlossen hat, ein Gewicht von fast 25 Prozent.

Und immer wieder die Finanzwerte

Außerdem besteht der MSCI-Europa-Index zu 70 Prozent aus britischen, deutschen, französischen und Schweizer Aktien. Hinzu kommt, dass die Finanzwerte mit 21 Prozent des Fondsvermögens sehr stark gewichtet sind. Dabei steht die Finanzbranche nur für acht Prozent des erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukts. Warum ausgerechnet diese in der Vergangenheit nicht immer ganz krisenfeste Branche fast mit dem Faktor drei zu ihrer tatsächlichen Bedeutung gewichtet werden muss, erschließt sich wohl nur jemandem, der auch selbst in dieser Branche arbeitet und für die Zusammensetzung der entsprechenden Indizes zuständig ist.

Man könnte meinen, man entgeht dem Problem, wenn man Anteile eines ETF auf den Euro-Stoxx 50 erwirbt. In der Tat erwirbt man als Anleger dann vor allem französische und deutsche Aktien und eine etwas ausgeglichenere Mischung aus Autoaktien, Konsumgütertiteln, Industrieaktien und dem Energiesektor (Total in Frankreich). Das extrem starke Gewicht des Finanzsektors mit 23 Prozent bleibe aber erhalten.

Wer glaubt, mit dem Kauf einzelner Länder ETFs eine Lösung gefunden zu haben, irrt ebenfalls. Der Swiss-Market-Indexes (SMI) bestand bis zum 18. September 2017 zu 60 Prozent aus den Aktien von Nestlé, Roche und Novartis. Man hat zwar inzwischen das Maximalgewicht eines einzelnen Papiers auf 18 Prozent begrenzt, am Übergewicht der drei Schwergewichte ändert dies aber dennoch nicht viel.

Wer es etwas weiter südlich probiert und einen ETF auf den FTSE-MIB-Index in Italien kauft, investiert sein Geld zu 23 Prozent in die beiden Energietitel Eni und Enel. Ein weiteres Viertel ist den Bankaktien vorbehalten. Zu allem Überfluss finden sich hier auch noch viele Institute mit einem höchst zweifelhaften Ruf.

Wehe, wenn der Wind dreht

Solange die Aktien steigen, ist das massive Übergewicht einzelner Branchen selten ein Problem. Im Gegenteil: Wenn der Sektor gut läuft, wie in diesem Jahr die Technologieaktien in den USA, brummt der Motor und die Rendite stimmt. Die Gefahren, die ein Klumpenrisiko wie dieses in den Depots der Anleger hervorruft, zeigen sich mit aller Deutlichkeit somit erst, wenn der Markt dreht. Dann ist es aber oftmals zu spät.

Vordergründig bieten die ETFs einen einfachen, kostengünstigen Weg um das eigene Depot breit zu diversifizieren und flexibel in ein Marktsegment zu investieren. Doch der Teufel steckt wie immer im Detail. Um eine zeitaufwendige Einzelauswahl der Titel mögen die Anleger mit dem Kauf eines ETFs zwar herumkommen. Dafür sollten sie sich aber im Gegenzug sehr genau dafür interessieren, mit welchen Ländern und welchen Branchen sie ihr Depot vorrangig bestückt haben.

Neuste Artikel

09:55 TUI-Aktie: Das ist jetzt vorbei!Achim Graf
Liebe Leserin, lieber Leser, seit dem 5. Januar hatte bei der Aktie von TUI eines Bestand: die 6 vor dem Komma. In knapp drei Monaten war es den Papieren des Reisekonzerns kein einziges Mal gelungen, die Marke von 7 Euro zu erreichen, geschwiege denn sie zu überwinden. Doch seit Montag ist die bleierne Zeit vorbei: Nachdem die TUI-Aktie am Freitag…
08:35 NIO-Aktie: Ein historischer Tiefpunkt!Achim Graf
Ende vergangenen Jahres sah es zwischenzeitlich wieder etwas besser aus für NIO an der Börse. Die Aktie des chinesischen Elektroautoherstellers war nach einer Schwächephase im November wieder auf einen Kurs von 9,41 US-Dollar nach oben gezogen. Doch bereits am ersten Handelstag des Jahres 2024 fiel die NIO-Aktie wieder auf 8,91 Dollar zurück. Und es wurde nicht besser – im Gegenteil.…
08:20 Uranium Energy-Aktie: Top News!Marco Schnepf
Uranium Energy (UEC) holt sich wichtige Expertise ins Haus: Wie die US-Uranfirma Anfang der Woche bekannt gab, habe sie den Manager Brent Berg zum Senior Vice-President für das gesamte US-Geschäft ernannt. Berg kann demnach auf eine mehr als 27 Jahre andauernde Erfahrung im Bergbaubereich zurückblicken. Davon hat er mehr als 21 Jahre in der Uranproduktion in den USA und Kanada…
07:14 Byd-Aktie: Das mögen die Anleger gar nicht!Stefan Salomon
An der Börse in Hongkong ging es für die Byd-Aktie am Mittwoch bei sehr hohen Umsätzen deutlich abwärts. Mit einem Minus von über 6 Prozent reagierten die Anleger auf eine Schwäche des Gesamtmarktes sowie auf Aussagen des Unternehmens, dass auf schwache Verbraucherausgaben und eine globale Schwäche verwies – am heutigen Donnerstag im frühen Handel an der HSE (Hong Kong Stock…
07:05 3M-Aktie: Irre stark!Marco Schnepf
3M darf jubeln: Wie der US-Mischkonzern kürzlich mitteilte, sei er in Deutschland ausgezeichnet worden. Demnach ist 3M vom Marketing Club Düsseldorf im Bereich Innovationskraft geehrt worden. Konkret wurde dem Unternehmen und der für Mitteleuropa zuständigen Managerin Christin Schack der Award „Innovativ in der Transformation“ verliehen. Der Marketing Club Düsseldorf ist ein Netzwerk aus mehr als 700 Marketingspezialisten, das anlässlich seines…
07:00 Airbus-Aktie: Es geht weiter hoch hinaus!Alexander Hirschler
Die Aktie des Flugzeugbauers Airbus kennt auch weiterhin nur eine Richtung und die zeigt nach oben. Die laufende Woche könnte bereits die sechste Woche in Folge mit Kursgewinnen werden. Allein im Monat März ging es für den Boeing-Rivalen um mehr als 12 Prozent hinauf. Seit Jahresbeginn beläuft sich die Kurszunahme auf 21,45 Prozent. Damit ist der Anteilsschein sechstbester Performer im…
06:54 Infineon-Aktie: Kaufkurse? Trendwendemuster!Stefan Salomon
China will mehr eigene Chips produzieren. Wenn das so umgesetzt werden sollte, könnte es auch ein Überangebot für Mikrochips auf dem Weltmarkt geben. Das würde natürlich all den schönen Rechnungen und Business-Plänen für die zukünftigen Umsätze und Gewinne der Chip-Produzenten wie Infineon einen Strich durch die Rechnung machen. Anleger werden daher vorsichtiger und bleiben scheinbar skeptisch. Die Infineon-Aktie konnte sich…
06:00 Thyssenkrupp-Aktie: Das ist doch günstig!Stefan Salomon
Die Anleger mögen keine Überraschungen oder Gewinnwarnungen. Beständigkeit im Geschäft und in der Branche lassen stabile Erwartungen und eine gute Einschätzung von Gewinnen sowie Dividenden zu. Fehlt hingegen eine solche Stabilität, oder kommt es gar zu unangenehmen Überraschungen in einem Wert, schwindet das Vertrauen und die Anleger scheuen das Risiko. Liquidität ist ein scheues Reh. So kann auch die thyssenkrupp-Aktie…
05:50 Nio-Aktie: Was für Schock!Dr. Bernd Heim
Der chinesische Elektroautobauer Nio hat kürzlich eine Neubewertung seiner Produktionsprognose für das erste Quartal vorgenommen. Diese Ankündigung könnte für weitere Unruhen am Aktienmarkt sorgen, insbesondere da die Aktie von Nio bereits in den Tagen zuvor erhebliche Verluste hinnehmen musste. Im Abendhandel in München verzeichnete das Papier einen Kursrückgang von 3 %, was für Anleger eine bedeutsame Entwicklung darstellt. Auswirkungen auf…
05:35 BioNTech-Aktie: Drastische Kursmaßnahme!Dr. Bernd Heim
BioNTech, das deutsche Biotechnologie-Unternehmen, das vor allem durch seinen Covid-19-Impfstoff bekannt wurde, bemüht sich derzeit um eine Stabilisierung seiner Aktienkurse. Trotz eines leichten Anstiegs von etwa 1 Prozent am Mittwoch bleibt die Performance der Aktie seit Jahresbeginn hinter den Erwartungen zurück; sie verzeichnet einen Rückgang von mehr als 10 Prozent. Diese Entwicklung spiegelt eine gewisse Zurückhaltung der Investoren wider, was…
05:30 AMS-Aktie: Das sind 210 %!Dr. Bernd Heim
AMS, ein Unternehmen, das sich auf dem Finanzmarkt behauptet, verzeichnete gestern eine leichte Kurssteigerung. Trotz eines schwachen Handelsstarts konnte die Aktie an der Münchner Börse um etwa 0,15 Prozent zulegen. Diese Entwicklung ist Teil eines positiven Trends der letzten fünf Tage, in denen der Aktienkurs des Unternehmens um mehr als 6 Prozent anstieg. Aktuell scheint das Wertpapier sich einem Kursziel…
05:20 Super Micro Computer-Aktie: 1.000!Bernd Wünsche
In den Vereinigten Staaten hat Super Micro Computer einen beachtlichen Erfolg verzeichnet. Die Aktie des Unternehmens hat kürzlich die bedeutende Schwelle von 1.000 Dollar pro Aktie durchbrochen, was als ein bedeutsamer Meilenstein im Finanzmarkt angesehen wird. Trotz der Tatsache, dass es seitens der Firma keine aktuellen Mitteilungen gab, hat der Aktienkurs diese Marke übertroffen. Analysten scheinen sich zwar einig zu…
05:05 Watchlist Aktie der Woche Smartsheet: Entsteht hier der nächste Highfligher?Dr. Bernd Heim
Die jüngste Kursentwicklung der Smartsheet-Aktie zeigt ein deutliches Bild: Nachdem der Kurs Mitte März unter die kritische Grenze von 38 US-Dollar gesunken war, löste dies ein Verkaufssignal aus, woraufhin der Wert auf bis zu 34 US-Dollar absackte. Trotz einer darauffolgenden Erholungsphase besteht das Risiko weiterer Kurseinbußen bis hinab zu den Marken von 32,00 und 27,50 US-Dollar. Diese potenzielle Marktschwäche könnte…
04:20 Siemens Energy: Der China-Deal!Dr. Bernd Heim
Nach einem eher verhaltenen Dienstag hat Siemens Energy am Mittwoch einen sofortigen Aufschwung erlebt. Die Aktie verzeichnete einen Anstieg von über 0,5 Prozent und näherte sich damit dem aktuellen Jahreshoch. Aus charttechnischer und technischer Sicht wird dies allgemein als positives Zeichen gewertet. Die Anteilsscheine des Unternehmens könnten, sofern sich die Börsen rational verhalten, nun von der kürzlich geschlossenen Vereinbarung mit…
04:15 Nikola-Aktie: Was für ein Fest!Bernd Wünsche
Bei Nikola, einem US-amerikanischen Unternehmen, herrscht derzeit ein Grund zum Feiern. Am Mittwoch verzeichneten die Aktien des Unternehmens einen bemerkenswerten Anstieg von mehr als 14 Prozent. Diese Entwicklung ist nicht zu unterschätzen, denn innerhalb von nur fünf Tagen konnte das Unternehmen einen Kursgewinn von über 40 Prozent verbuchen. Es scheint, als würde frischer Optimismus die Anlegerstimmung beflügeln. Die erste Hyla-Tankstelle…

Disclaimer

Die auf finanztrends.de angebotenen Beiträge dienen ausschließlich der Information. Die hier angebotenen Beiträge stellen zu keinem Zeitpunkt eine Kauf- beziehungsweise Verkaufsempfehlung dar. Sie sind nicht als Zusicherung von Kursentwicklungen der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren ist risikoreich und birgt Risiken, die den Totalverlust des eingesetzten Kapitals bewirken können. Die auf finanztrends.de veröffentlichen Informationen ersetzen keine, auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete, fachkundige Anlageberatung. Es wird keinerlei Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden übernommen. finanztrends.de hat auf die veröffentlichten Inhalte keinen Einfluss und vor Veröffentlichung sämtlicher Beiträge keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand dieser. Die Veröffentlichung der namentlich gekennzeichneten Beiträge erfolgt eigenverantwortlich durch Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen o.ä. Demzufolge kann bezüglich der Inhalte der Beiträge nicht von Anlageinteressen von finanztrends.de und/ oder seinen Mitarbeitern oder Organen zu sprechen sein. Die Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen usw. gehören nicht der Redaktion von finanztrends.de an. Ihre Meinungen spiegeln nicht die Meinungen und Auffassungen von finanztrends.de und deren Mitarbeitern wider. (Ausführlicher Disclaimer)