Pensionskassen: Unterfinanziert in den Untergang

Lieber Investor,

die westlichen Gesellschaften werden immer älter. Damit wird die Frage, wie gut oder schlecht die Pensionsansprüche finanziell unterlegt sind, zu einer sehr entscheidenden. Sie entscheidet am Ende nicht nur über Wohlstand oder Armut im Alter, sondern auch über den Zusammenhalt der Gesellschaften als Ganzes, denn die Gelder, von denen die Alten leben möchten, müssen irgendwo erwirtschaftet werden. Wenn nicht in der realen Wirtschaft, dann zumindest am Kapitalmarkt.

Ende Oktober hat in den USA das Institut Milliman seine Studie über die Finanzierung der US-Rentenansprüche veröffentlicht. Die Auswertung wird jedes Jahr erhoben und ermöglicht damit einem guten Überblick über den Zustand der großen amerikanischen Pensionskassen. Das Ergebnis ist alles andere als erbaulich, denn Milliman geht davon aus, dass die größten 100 öffentlichen Pensionskassen am 30. Juni 2017 in etwa genauso unterfinanziert waren wie ein Jahr zuvor.

Die Vorstellung an sich kann schon nicht sonderlich behagen. Wenn man dazu noch bedenkt, dass der S&P500 in der gleichen Zeit um 15 Prozent gestiegen ist, bekommt man eine erste Ahnung davon, wie groß die Probleme der amerikanischen Rentner in Zukunft sein werden, denn trotz hervorragend laufender Börsen will die Lage der Pensionskassen einfach nicht besser werden.

Der 30. Juni ist dabei nicht irgendein beliebiger Monats- oder Quartalsabschluss, sondern der Bewertungsstichtag für die meisten US-Pensionspläne. Das gesamte Vermögen aller Pensionspläne belief sich zum Ende des letzten Geschäftsjahres im Juni 2016 auf 3,19 Billionen US-Dollar. Verglichen mit dem Stand vom 30. Juni 2015 ergab sich ein leichtes Minus, denn Ende Juni 2015 standen insgesamt noch 3,24 Billionen US-Dollar zu Buche.

Die Zahl der Empfänger steigt

In den Jahren 2015 und 2016 war das Vermögen der Pensionskassen somit noch immer stark von den Auswirkungen des vorangegangenen Markteinbruchs betroffen. Heute stellt sich die Lage wieder etwas freundlicher dar, denn das Gesamtvermögen aller Pensionspläne ist zum 30. Juni 2017 auf 3,44 Billionen US-Dollar gestiegen. Im Jahresvergleich verbesserten die Pensionskassen sich durchschnittlich um 11,49 Prozent.

So erfreulich dieser ansprechende Ergebnisertrag ist, er wird von einer steigenden Anzahl an Pensionszusagen wieder eliminiert. Die Zahl der erfassten Pensionszusagen stieg zwischen Juni 2016 und Juni 2017 von 4,43 auf nunmehr 4,72 Billionen US-Dollar. Die Unterfinanzierung der Pensionskassen hat sich im letzten Jahr deshalb nur unwesentlich verbessert. Sie sank von 1,53 auf 1,43 Billionen US-Dollar.

Wie erschreckend das Ergebnis wirklich ist, macht eine andere Zahl deutlich. Nach den neuesten Recherchen von Milliman war zum 30. Juni 2017 ein knappes Drittel (32 Prozent) der Top-100-Pensionspläne zu weniger als 60 Prozent finanziert. Diese massive Unterfinanzierung ist den meisten Amerikanern jedoch nicht bewusst.

Die öffentlichen Pensionskassen verbergen ihren wahren Finanzierungsstatus vor der Öffentlichkeit, indem sie hohe Abzinsungssätze für ihre zukünftigen Verbindlichkeiten wählen. Durch diesen Trick erscheinen ihre gegenwärtigen Schieflagen niedriger als sie es tatsächlich sind.

Das Ganze erinnert an ein Schneeballsystem

Man kann sich nun trefflich darüber streiten, ob hier die Grenze zum Betrug bereits überschritten ist. Unzweifelhaft ist jedoch, dass diese Augenwischerei nur so lange funktionieren kann, solange die Zahl der Einzahler in die Rentenpläne höher ist als die der Empfänger von Zahlungen.

Wie gefährlich das Spiel mit den Abzinsungszahlen ist, offenbart eine weitere Zahl, die Milliman ermittelt hat. Danach liegt die durchschnittliche erwartete Rendite der 100 größten staatlichen Pensionsfonds in den USA gegenwärtig bei etwa 5,9 Prozent. 83 der Top-100-Fonds Diskontsätze verwenden in ihren internen Planungen jedoch eine Abzinsung von mehr als sieben Prozent. Das heißt, sie unterstellen sich für die Zukunft eine höhere Performance als sie in der Vergangenheit erzielt wurde.

Dieser kleine Schätzfehler hat eine große Bedeutung. Milliman geht davon aus, dass eine Erhöhung des Diskontierungssatzes einer Pensionskasse um nur ein Prozent die Leistungsverpflichtung des Fonds künstlich um bis zu 15 Prozent reduziert. Wenn man nun noch bedenkt, dass die gesamten Verbindlichkeiten der Top-100-Fonds bei etwa fünf Billionen US-Dollar liegen, trägt jedes Prozent, das zu viel diskontiert wird, rund 750 Milliarden US-Dollar zu den Verbindlichkeiten der Gesellschaft bei.

Wie groß der Effekt einer zu hohen Abzinsung auf die einzelnen Gesellschaften ist, hängt neben den Lebenshaltungskosten auch stark von der Zusammensetzung ihrer Mitglieder ab. Ein bereits in die Jahre gekommener „alter“ Pensionsplan mit weniger aktiveren Beitragszahlern als Rentnern hat typischerweise eine höhere Empfindlichkeit gegenüber den Zinsänderungen als ein „junger“ Plan, bei dem noch relativ viele Beitragszahler auf vergleichsweise wenige Leistungsempfänger kommen.

Eine Katastrophe mit Ansage

Langfristig arbeitet die Zeit aber gegen alle Pensionskassen, denn Milliman hat ermittelt, dass das Verhältnis der pensionierten Rentner, die Geld aus dem System entnehmen, zu den aktiven Beitragszahlern, die das Schneeballsystem immer noch finanzieren, in den letzten Jahren um 16 Prozent gestiegen ist.

Dass das Verhältnis kurzfristig wieder besser wird, ist nicht zu erwarten. Eher das Gegenteil ist zu befürchten, denn in den kommenden Jahren wird eine immer größere Zahl von Babyboomern in den Ruhestand gehen. Spätestens, wenn ihre Ansprüche sich in reale Zahlungen wandeln, helfen auch buchhalterische Abzinsungstricks nicht mehr, die wahre Lage zu verschleiern.

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