Volatilität

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Definition: Volatilität kompakt erklärt

Volatilis bedeutet im Lateinischen in etwa fliegend oder flüchtig. In der Statistik und ganz besonders an der Börse werden stark schwankende Zeitreihen beziehungsweise Kursverläufe als volatil bezeichnet.

Volatilität in den Wirtschaftswissenschaften

Beim Risikomanagement in den Wirtschaftswissenschaften werden gleichzeitig viele Parameter betrachtet und analysiert. Von ökonomischer Bedeutung sind dabei unter anderem:

• Aktienkurse
• Kurswerte
• Renditen
• Rohstoffwerte wie die schwankenden Preise für Gold, Silber, Kupfer, Platin, Vanadium
• Wechselkurse
• Zinsen

Als Folge der zeitlichen Schwankungen dieser Größen, die wiederum so wichtige Kennzahlen wie die Dividendenrendite oder das Kurs-Gewinn-Verhältnis einer Aktie bestimmen, ergibt sich ein mehr oder weniger großes Risiko für die Marktteilnehmer, die Finanzprodukte kaufen oder verkaufen. In der Finanzmathematik ist Volatilität ein Maß eben für die Schwankungsbreite und damit für das Risiko:

• Hohe Volatilität = großes Risiko, aber auch hohe Gewinnchance
• Geringe Volatilität = kleines Risiko und nur moderate Gewinnaussicht

Die Volatilität kommt per Definition der statistischen Größe der Standardabweichung sehr nahe. Ein wirklich belastbares, zuverlässiges Maß für das Risiko ist sie allerdings nicht.

Kleiner Schwenk in die Mathematik und Statistik

Die Volatilität ist ein in der Physik, Mathematik und Statistik häufig verwendeter Begriff. Er dient zum Beispiel auch dazu, die Unbeständigkeit in den Präferenzen der Wählerschaft für bestimmte Parteien zu beschreiben. In der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „European Journal of Political Research“ erschien dazu im Jahre 1979 der Artikel „The Dynamics of European Party Systems: Changing Patterns of Electoral Volatility“ von Mogens N. Pedersen. Um die „Totale Volatilität“ (V-tot) einer Zeitreihe mit n Messwerten zu berechnen, schlug er darin den folgenden Formalismus vor:

V-tot = Summe über alle halben Absolutbeträge der Differenzen M(i) – M(i+1)

wobei der Laufindex i von 1 bis (n-1) geht. M(i) ist der i-te Messwert in der Zeitreihe der n Werte.

Diese Darstellung hat mathematisch durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit der Statistikgröße der Standardabweichung, die als Quadratwurzel der Varianz immer wieder als kennzeichnendes Maß für die Streuung in der Stochastik herangezogen wird. Dabei ist die Varianz die mittlere quadratische Abweichung aller n Messwerte von ihrem Mittelwert.

Standard-Aktienindizes werden heute mit ihren eigenen, aber ähnlichen Definitionen von Volatilitätsindizes verknüpft. Sie geben jeweils die „implizite Volatilität“ des Basiswertes an.

Praxisbeispiele

Um ein noch besseres Gefühl für den Begriff der Volatilität im Finanzsektor zu bekommen, sollen hier stellvertretend zwei Aktiencharts vorgestellt und diskutiert werden, die gegensätzlicher kaum sein könnten.

1. WIRECARD Aktie, WKN: 747206, ISIN: DE000747206

Dahinter verbirgt sich ein Unternehmen, das sich dem bargeldlosen Bezahlen verschrieben hat und gewiss auf seine Weise die unseligen politischen Bestrebungen, das Bargeld total abzuschaffen, befördern wird. Natürlich stehen auf politischer Ebene Geister dahinter, die auf eine totale Kontrolle der Bevölkerung abzielen und dies früher oder später auch so durchsetzen werden.

Diese Erkenntnis und die damit verbundene Hoffnung auf Gewinne beflügelte den Kurs der Wirecard-Aktie. Im Januar 2017 begann ihr steiler Anstieg von knapp 40 Euro auf circa 95 Euro zum Jahresende 2017. Das war ein sehr beherzter Kursgewinn von über 140 Prozent allein im Jahr 2017. Die Kurve verlief aber nicht volatil, weil sie fast stetig immer weiter anstieg und kaum mit nennenswerten Ausschlägen nach oben und unten flatterte.

Ihr Maximum mit fast 198 Euro erreichte die Aktie Anfang Juli 2018, um bis Januar 2019 unter sehr starken Schwankungen wieder unter 100 Euro zu fallen. Der Grund waren Anschuldigungen, die gegen die Unternehmensführung in der Presse lanciert wurden, die in die Richtung gingen, dass im Ausland angeblich Unregelmäßigkeiten bei den Bilanzierungen aufgedeckt wurden. So etwas macht viele Investoren sehr nervös und die Wirecard-Aktie reagierte in der Folge entsprechend volatil.

2. Deutsche Wohnen Aktie, WKN: A0HN5C, ISIN: DE000A0HN5C6

Diese Aktie lebt und gedeiht von dem ständigen Anstieg der Immobilienpreise und Mieten in Berlin, was sich in ihrem Kursverlauf widerspiegelt. Ende 2008 war ihr Wert wegen der Immobilienkrise auf gut zwei Euro abgerutscht, um unter gewissen Schwankungen bis zum Frühjahr 2019 auf gut 44 Euro anzuwachsen, was einer beachtlichen Wertsteigerung von mehr als 2.000 Prozent in elf Jahren entspricht. Dies geschah nicht ohne temporäre Rücksetzer, was der Aktie durchaus eine moderate Volatilität gab.

Dass die Mietsteigerungen in Berlin inzwischen menschenfeindliche Züge annehmen, sodass kaum noch ein Normalbürger in der Innenstadt wohnen kann, ist schon lange eine bekannte Tatsache. Doch gegen Ende des Frühjahrs von 2019 nahm diese Diskussion mit der politischen Forderung nach einem Mietendeckel in Berlin Fahrt auf. Die vage Aussicht auf eine leichte Verlangsamung der Gewinne der „Deutsche Wohnen“ verschreckte die Anleger und die Aktie fiel in weniger als drei Monaten von 42,50 Euro auf 29,20 Euro, das war ein Kurseinbruch von über 30 Prozent wegen einer vermeintlich schlechten Nachricht, die schon längst wieder relativiert worden ist.

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