METRO: Exklusiv-Interview mit CEO Olaf Koch

Im Interview geht Metro-CEO Olaf Koch ausführlich auf den Transformationsprozess des Konzerns und die Herausforderungen der COVID-Pandemie ein.

Auf einen Blick:
  • Der Wandel vom Konglomerat zu einem reinen Großhändler ist weit fortgeschritten.
  • Nettoverschuldung wurde deutlich reduziert.
  • Geschäftsmodell hat sich während der COVID-Pandemie grundsätzlich als krisenresistent erwiesen, auch wenn einzelne Bereiche mit Umsatzeinbußen zu kämpfen hatten.
  • Kerngeschäft bietet hohe Cash-Conversion von über 65 %.

Unser heutiger Interviewpartner ist der CEO von Metro, Olaf Koch.

METRO ist ein führender internationaler Spezialist im Lebensmittelgroßhandel. An der Spitze des Konzerns steht die METRO AG als zentrale Managementholding. Sie nimmt Aufgaben der Konzernführung wahr, insbesondere in den Bereichen Finanzen, Controlling, Recht und Compliance.

Herr Koch, der Markt wird im Moment von Hilfsprogrammen überflutet. Erwarten Sie nachhaltige Änderungen bei den Finanzierungsbedingungen?

O. Koch: Seit 2012 haben wir unsere Nettoverschuldung um insgesamt rund 7 Mrd. EUR reduziert und verfügen über hohe und nachhaltig ausreichende Liquiditätsreserven. Bis Oktober 2021 werden zudem keine bestehenden Anleihen fällig. Auch haben wir in diesem Jahr den Verkauf von Real und der Mehrheitsbeteiligung an METRO China an die Wumei Technology Group abgeschlossen. So haben wir aus beiden Transaktionen einen Netto-Mittelzufluss von rund 1,9 Mrd. € erhalten. Diese Transaktionserlöse stärken unsere Bilanz, legen den Grundstein für Dividendenkontinuität, erhöhen unsere Liquiditätsreserven und schaffen Optionen für organische und anorganische Investitionen. Darüber hinaus ist der Finanzierungsmarkt sehr stabil geblieben. Liquidität ist offenbar ausreichend vorhanden und auch der Commercial Paper Markt ist nach einer kurzen Phase der Unsicherheit im April wieder vollumfänglich aktiv.

Sehr interessant, darüber hinaus ist es sehr wichtig in solchen Phasen liquide zu bleiben. Was hat sich in der Corona-Pandemie bei der METRO verändert?

O. Koch: Grundsätzlich haben wir als Unternehmen die Corona-Krise trotz deutlicher Umsatzrückgänge in der frühen Lockdown-Phase im April als Chance genutzt, noch enger mit unseren Kunden zu kooperieren, um ihnen zu helfen, so gut wie möglich durch die Krise zu kommen. Das hat sich auch spürbar positiv auf die Umsatzentwicklung ab Mai ausgewirkt. Ende Juni mussten wir nur noch einen leichten Umsatzrückgang verzeichnen, im Juli sind wir zu positivem Wachstum zurückgekehrt und im August setzt sich dieser positive Trend fort.

HoReCa-Kunden nutzen derzeit sehr intensiv die Flexibilität unserer stationären Märkte und sie verwenden beispielsweise auch unsere digitalen Tools für neue Bestell- und Abhol-Services oder zum kontaktlosen Check-In. Zudem haben wir gemeinsam mit diversen Partnern umfangreiche Unterstützungsangebote für die Gastronomie im öffentlichen Raum aufgelegt, um ihnen u.a. beim Neustart zur Seite zu stehen. Zudem haben wir sie bei etwa der Inanspruchnahme staatlicher Hilfen durch gezielte Tipps und Informationen beraten.

Hat sich Ihr Geschäftsmodell bewährt?

O. Koch: Während dieser Zeit hat sich unser Geschäftsmodell als krisenresistent erwiesen: Die Kombination von Stores, Belieferung und Services erweist sich als äusserts adaptions- und leistungsfähig. In der Kundengruppe der Selbstständigen und Freiberufler (SCO) haben wir Kunden zurück- oder sogar neugewonnen, weil diese Kunden die hohe Produktqualität, die hohe Verfügbarkeit und die Sicherheit sehr schätzen. Auch das Geschäft mit den unabhängigen Händlern (Trader) ist durch die ganze Krise hindurch gewachsen.

All dies wäre ohne ein starkes Team nicht möglich gewesen. Unsere Mitarbeiter haben dieses Jahr Außerordentliches geleistet. Dabei tragen wir als Konzern weltweit für 100.000 Mitarbeiter und ihre Familien eine große Verantwortung. Zur Sicherung von Arbeitsplätzen und der wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit wurden daher während der COVID-19-Hochphase auch alle möglichen Optionen geprüft, um die herausfordernde Zeit gut zu überstehen. Hierzu zählte beispielsweise die Möglichkeit der Nutzung von Kurzarbeit an Stellen, an denen keine andere vertretbare Lösung gefunden werden konnten. Dies traf dann v.a. Bereiche, bei denen eine deutlich niedrigere Arbeitsauslastung zu verzeichnen war wie bspw. in der Belieferung und in den Depots. Selbstverständlich begrenzen wir sowohl die Dauer als auch den Umfang für Kurzarbeit so eng wie nur möglich. Wir haben außerdem gesehen, dass sich das sogenannte Flexible Office bewährt hat. Digitale Kommunikationskanäle wurden bereits vor dieser Zeit stark genutzt, und haben es unseren Mitarbeiten ermöglicht, auch während COVID-19 virtuell zusammenzuarbeiten – all diese Themen werden wir künftig weiterverfolgen. Insofern wird COVID-19 auch eine nachhaltige Effizienzsteigerung bewirken.

Vielen Dank für die ausführliche Darstellung! Was unterscheidet Ihr Unternehmen von den Wettbewerbern der Branche?

O. Koch: Unsere Hauptunterscheidungsmerkmale liegen in der Kundennähe, der Anpassungsfähigkeit und der Innovationsführerschaft.

Zu unseren beiden Kernkundengruppen gehören HoReCa und Trader. Der Bereich HoReCa umfasst z. B. Hotels, Restaurants, Bars und Cafés sowie Cateringunternehmen und Kantinenbetreiber. Die Gastronomie wurde natürlich durch COVID-19 hart getroffen. Aber gerade die unabhängigen Restaurantbesitzer und Bistro-Betreiber, die zu unserer Hauptkundschaft gehören, haben sich schneller von der COVID-19-Krise erholt als das Hotel- und Cateringgewerbe.

Zum Bereich Trader zählen z. B. kleine Lebensmittelhändler, Kioske, Street-Food-Händler sowie Tankstellen und andere Großhändler. In beiden Kernkundengruppen sind jeweils sehr große Marktpotenziale vorhanden. Eine weitere Kundengruppe sind Dienstleistungsunternehmen und Büros (sog. Service Companies and Offices, SCO). Während die HoReCa Kundengruppe wie zuvor erwähnt stärker von der Krisensituation betroffen war, konnten die Trader- und SCO-Kundengruppen mit ihren positiven Umsatz- und Ergebniseffekten kompensieren (insbesondere Vorratseinkäufe von SCO-Kunden).

Durch unser diversifiziertes Geschäftsmodell, mit dem wir sowohl online als auch offline gut aufgestellt sind, reagieren wir flexibel auf Kundenwünsche. Im Gegensatz zu einem reinen Belieferungsservice beispielsweise können unsere Kunden bei Bedarf einfach in unsere Märkte – das ist vor allem in COVID-Zeiten, in denen Gastronomen nicht alles weit im Voraus planen können, sehr relevant. Zudem arbeiten wir im Rahmen unseres strategischen Ansatzes auch ganz gezielt an digitalen Lösungen für die Gastronomie, wie z.B. eine App für die digitale Registrierung von Kunden im Restaurant oder eine App für den Abholservice in der Gastronomie. Diese Angebote haben sich insbesondere in diesen herausfordernden Zeiten als sehr nützlich erwiesen, und sie sind ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal gegenüber unseren Wettbewerbern. Ich denke, dass es nicht unfair ist, festzuhalten, dass METRO mittlerweile die Innovationsführerschaft im Sektor übernommen hat. Und das ist erst der Anfang. Wir haben noch eine Menge im Köcher.

Denn eine echte und nachhaltige Partnerschaft in der Wertschöpfung kommt nicht über eine rein transaktionale Handelsbeziehung zustande, sondern nur darüber, dass wir glaubwürdig mit der gleichen Leidenschaft wie unsere Kunden agieren. Daher bauen wir unter dem strategischen Dach von „Wholesale 360“ sukzessive unser Angebot an nachhaltigen Lösungen mit wirtschaftlichem Mehrwert für unsere Kunden aus und optimieren gemeinsam mit ihnen die Betriebsabläufe in allen für sie relevanten Bereichen. Gastronomen beispielsweise geben heute ungefähr ein Drittel ihres Budgets für Waren aus: Lebensmittel, Reinigungsmaterial, Equipment. Das heißt, zwei Drittel der Ausgaben gehen in Bereiche außerhalb des heutigen Kerngeschäfts von METRO. Für uns bedeutet das, wir suchen nach Möglichkeiten, unsere Kunden in anderen Bereichen zu unterstützen. Ein weiterer Vorteil für unsere Kunden: Sie bekommen alles aus einer Hand von der Marke ihres Vertrauens – von qualitativ hochwertigen Produkten bis hin zu Finanzlösungen. Das ist unser USP.

Darüber hinaus halten wir fortwährend Ausschau nach weiteren Wachstumsfeldern. Dazu gehört u.a. die Kooperation mit Zustelldienstleistern in zahlreichen Ländern. Gemeinsam mit unseren Partnern werden so Lebensmittel auch an private Haushalte geliefert. Und wir investieren seit Jahren in ein Franchisemodell, das unabhängigen Tradern ermöglicht, ihr Geschäft zu modernisieren und profitabel zu wachsen. Mittlerweile repräsentiert dieses Geschäft ein halbe Milliarde Euro Umsatz und wächst rasant.

Vielen Dank für den tieferen Einblick in Ihr Geschäftsmodell. Sie haben also klar und deutlich Ihre Ziele formuliert. Blicken wir nun etwas in die Zukunft: Wo sehen Sie die METRO AG in 5 Jahren? 

O. Koch: METRO ist seit 2011 in einem Transformationsprozess von einem Konglomerat zu einem reinen Großhändler. Diese Transformation konnte mit dem Verkauf von der Mehrheitsbeteiligung an METRO China und Real abgeschlossen werden. Dies war ein weiterer wichtiger Meilenstein auf unserem Weg zu einem reinen Großhändler und schafft einen sehr attraktiven Wert für unsere Aktionäre.

Schließlich steigert Fokussierung das Wachstum – das haben wir die letzten sechs Jahre im Großhandel bewiesen und werden das jetzt noch beschleunigen. Diese Strategie stärkt unsere Nähe zu den unabhängigen Geschäftskunden und wird METRO grundlegend schlagkräftiger und wettbewerbsfähiger machen.

Unser Kerngeschäft ist seit Jahren sehr profitabel und verzeichnet eine hohe Cash-Conversion von über 65%. Nun, da der Konzernumbau abgeschlossen ist, wird sich diese Profitabilität auch eins zu eins in den berichteten Ergebnissen widerspiegeln. Mit der Trendwende innerhalb des dritten Quartals und der Rückkehr zu positivem Wachstum ist auch die Grundlage für weitere Fortschritte bei Umsatz und Gewinn gelegt. Unter der Maßgabe einer weitestgehend stabilen COVID-19-Situation und ohne flächendeckende Lockdowns werden wir in der Lage sein, weiterhin substanziell Marktanteile zu gewinnen und dadurch profitables Wachstum zu erzielen.

Ferner erwarten wir eine Marktkonsolidierung. Der Großhandel ist heute noch sehr fragmentiert. Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass sich die Anzahl der Player in unserem Sektor reduzieren wird. Das ist eine Opportunität für organisches Wachstum aber auch für Zukäufe. Mit unseren umfangreichen liquiden Mitteln sind wir dafür ideal gerüstet.

Das hört sich sehr spannend an. Vorab wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei dem Transformationsprozess. Zum Abschluss habe ich noch eine Frage an Sie. Aus welchen Gründen sollten Anleger letztendlich in Ihr Unternehmen investieren?

O. Koch: METRO ist heute ein vollkommen fokussiertes Großhandelsunternehmen, dass in den letzten Jahren im Kerngeschäft große Fortschritte gemacht hat. Die langfristigen Trends in unseren beiden Hauptzielgruppen, wie beispielsweise dem Lebensmittelkonsum sind trotz Corona weiterhin in Takt. Unsere Bilanzkennziffern sind stark und der Mittelzufluss von 1,9 Milliarden € hat sich in der Bewertung noch nicht bemerkbar gemacht. Darüber hinaus konnten wir im Q3 deutlich belegen, dass wir aktuell Marktanteile gewinnen und, dass die Voraussetzungen hierfür in den kommenden Quartalen hervorragend sind. Zu guter Letzt: unsere Investitionen in die Digitalisierung der Gastronomie und die Erweiterung der Services zahlen sich zunehmend aus, sowohl in Bezug auf die Impulse auf unser Kerngeschäft als auch in Bezug auf die zusätzlichen Erkenntnisse und Datenpunkte, die wir gewinnen.

Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview, Herr Koch. Sie haben unseren Lesern definitiv einen tieferen Einblick in die aktuellen Unternehmensgeschehnisse gewährt. Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitarbeitern weiterhin alles Gute für die Zukunft!

+++UPDATE+++: Zum Ende des Jahres 2020 ist Olaf Koch auf eigenen Wunsch als CEO der Metro AG ausgeschieden. Nach seinem Ausscheiden übernahmen CFO Christian Baier und COO Rafael Gasset als Doppelspitze kommissarisch die Aufgaben des Vorstands. Als offizieller Nachfolger von Koch wurde Dr. Steffen Greubel zum 1. Mai 2021 zum Vorstandsvorsitzenden bestellt. Olaf Koch ist mittlerweile Mitglied des Aufsichtsrats der Mercedes-Benz Group und hat zudem 2021 seine eigene Venture Capital Gesellschaft Zintinus gegründet.

Disclaimer

Die auf finanztrends.de angebotenen Beiträge dienen ausschließlich der Information. Die hier angebotenen Beiträge stellen zu keinem Zeitpunkt eine Kauf- beziehungsweise Verkaufsempfehlung dar. Sie sind nicht als Zusicherung von Kursentwicklungen der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren ist risikoreich und birgt Risiken, die den Totalverlust des eingesetzten Kapitals bewirken können. Die auf finanztrends.de veröffentlichen Informationen ersetzen keine, auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete, fachkundige Anlageberatung. Es wird keinerlei Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden übernommen. finanztrends.de hat auf die veröffentlichten Inhalte keinen Einfluss und vor Veröffentlichung sämtlicher Beiträge keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand dieser. Die Veröffentlichung der namentlich gekennzeichneten Beiträge erfolgt eigenverantwortlich durch Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen o.ä. Demzufolge kann bezüglich der Inhalte der Beiträge nicht von Anlageinteressen von finanztrends.de und/ oder seinen Mitarbeitern oder Organen zu sprechen sein. Die Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen usw. gehören nicht der Redaktion von finanztrends.de an. Ihre Meinungen spiegeln nicht die Meinungen und Auffassungen von finanztrends.de und deren Mitarbeitern wider. (Ausführlicher Disclaimer)