Hyperinflation

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Was bedeutet Hyperinflation?

Die Hyperinflation ist im Prinzip eine übersteigerte Inflation, das heißt, die allgemeine Preissteigerung läuft unerhört rasant und unaufhaltsam, ja sogar beschleunigend ab. Eine ganz allgemeingültige Definition gibt es dafür allerdings nicht.

Wer ist Schuld an der Hyperinflation?

Phillip D. Cagan stellte dazu im Jahre 1956 eine Art Faustregel auf, die von einer monatlichen Teuerung von mindestens 50 Prozent ausgeht, was sich auf das Jahr hochgerechnet auf circa 13.000 Prozent aufsummiert. Dass eine solche Situation nicht sehr lange und stabil anhalten kann, liegt auf der Hand. Nach überschaubarer Zeit endet eine Hyperinflation fast zwangsläufig in einer Währungsreform.

Es ist ein eher moderner Begriff, denn vor 1900 konnte es zu einer Hyperinflation praktisch gar nicht kommen. Wenn damals in einer Ökonomie ein bestimmtes Inflationsniveau überschritten wurde, wurde das wertlose Geld flugs durch Edelmetalle wie Gold ersetzt und/oder die Güter wurden direkt gegeneinander ausgetauscht.

Fast immer ist der Staat schuld, wenn es zur Inflation kommt. Dies liegt daran, dass der Staat darauf achten muss, dass er seine Ausgaben mit ausreichenden Steuereinnahmen deckt. Wenn sich zwischen beiden ein nachhaltiges Missverhältnis entwickelt, entsteht durch permanente Verschuldung ein Budgetdefizit. Zwar kann der Staat das Defizit zunächst mit Staatsanleihen und Schuldtiteln am Rentenmarkt weitgehend ausgleichen, aber diese Möglichkeit hat seine Grenzen.

Entwicklung in die Hyperinflation

Wenn die Preissteigerung ungezügelt weiter geht, verlieren die nominellen Anleihen relativ zum aktuellen Preisniveau immer mehr an Wert. Die Kapitalanleger erleiden dadurch hohe Verluste, ganz abgesehen von dem allgemeinen Vertrauensverlust in den Wert von Staatsanleihen, der dazu führt, dass niemand mehr bereit ist, in Staatsanleihen zu investieren.

Andererseits kann der Staat zunächst einmal sein Haushaltsdefizit etwas damit auffangen, dass er seine Gläubiger nach Ablauf der „Wertpapiere“ mit nahezu wertlosem Geld ausbezahlt. Doch der damit verbundene Vertrauensverlust in die Anleihen, die den verunsicherten Investoren immer mehr Zinsen bieten müssen, ist dann lange nicht mehr gutzumachen.

Dennoch ist der Staat in dieser Situation gezwungen, weitere hoch verzinsliche Kurzläufer auszugeben, um die laufenden Kosten irgendwie bedienen zu können. Falls das Haushaltsdefizit auf diese Weise nicht in den Griff zu kriegen ist, beschleunigt sich dieser fatale Prozess weiter und die Landeswährung verliert rasant an Wert. Dann ist die Hyperinflation nicht mehr aufzuhalten.

Was sind die Ursachen für eine Hyperinflation?

Eine Inflation hat meistens konkrete ökonomische Ursachen, die durch eine besonnene wirtschaftspolitische Führung und bestimmte Maßnahmen gestoppt und sogar ohne Währungsreform normalisiert werden kann. Hyperinflationen folgen dagegen aus schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Volkswirtschaften, die sich zum Beispiel durch massive Umbrüche und (Bürger)Kriege ergeben.

Das Kapital flüchtet zuerst

Anleger und Investoren haben einen siebenten Sinn, was den Wert des eigenen Geldes betrifft. Ist da auch nur ein Hauch von inflationärer Tendenz zu spüren, wird umgehend in vermeintlich stabilere Fremdwährungen investiert, und zwar im Umfang von Milliarden Dollar oder Euro.

Um das Ausbluten der eigenen Währung zu verhindern, ist der Staat gezwungen, gesetzlich in die sogenannte Devisenbewirtschaftung einzugreifen und den Devisenverkehr massiv zu beschränken. Doch dieser eher „altmodischen“ Möglichkeit ist der Staat heute angesichts des weltweiten bargeldlosen Zahlungsverkehrs praktisch beraubt.

Neben Fremdwährungen sind es „bleibende“ Sachwerte, die die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich ziehen. Dazu gehören vor allem Rohstoffe und Edelmetalle wie Gold und insbesondere Immobilien.

Für Aktien von Unternehmen des eigenen Landes gilt dies kaum, da die Gewinne der Betriebe durch eine Hyperinflation vollkommen infrage gestellt sind. Die Reaktionen der Anleger können der Inflation sogar ein Stück weit entgegenwirken, weil sich daraus eine gewisse Geldverknappung ergeben kann.

Berühmte Beispiele bisheriger Hyperinflationen

• 1919 bis 1923 – Deutsches Reich: Im Oktober 1923 wurde schließlich die maximale Inflationsrate von sage und schreibe fast 30.000 Prozent (pro Monat) erreicht.
• 1922 bis 1924 – in der noch jungen Sowjetunion: Die maximale monatliche Inflationsrate erreichte 212 Prozent.
• 1943 bis 1944 – Griechenland: Im Maximum wurde pro Monat eine Inflationsrate von 13.800 Prozent bei der „Ersten Drachme“ erreicht.
• 1945 bis 1946 – Ungarn: Diese Hyperinflation des Pengő hält den traurigen Rekord von fast 4,2 Billiarden Prozent pro Monat. Täglich verdreifachten sich hierbei die Preise.
• 1943 bis 1949 – Volksrepublik China: Der Yuan verteuerte sich im Maximum pro Monat um mehr als 5.000 Prozent.
• 1989 bis 1990 – Brasilien, Argentinien, Peru: In Südamerika war insbesondere Peru mit fast 400 Prozent maximaler monatlicher Inflationsrate betroffen.
• 1990 bis 1994 – Jugoslawien: Mit maximal 313 Millionen Prozent im Monat kaum noch zu übertreffen.
• seit 2016 – Venezuela: Der Venezolanische Bolivar VEF erreichte 2018 eine Inflationsrate von circa 80.000 Prozent.

Bei einer Inflation und insbesondere bei einer Hyperinflation kommen die Lohnsteigerungen mit den Preissteigerungen nicht hinterher. Das betrifft im Besonderen alle Rentenempfänger. Jeder, der sich in dieser Situation Geld leiht, macht dadurch riesige Gewinne, weil er zu einem späteren Zeitpunkt seinem Gläubiger nahezu wertloses Geld zurückgeben kann.

Ersparnisse beispielsweise auf dem Sparbuch verlieren fast vollständig ihren Wert, das heißt, es sind konkret die vielen kleinen Sparer, die die Inflation bezahlen müssen. Die Hyperinflation hat das Potenzial, eine Gesellschaft in Gewinner und Verlierer zu spalten, was nicht selten in einen Bürgerkrieg mündet.

Gibt es wirksame Maßnahmen gegen eine Hyperinflation?

Die Fragestellung birgt bereits einen Widerspruch. Eine Regierung, die es zugelassen hat, dass sich eine Hyperinflation entwickeln konnte, hat sich bereits selbst massiv disqualifiziert. Von ihr ist also nicht zu erwarten, dass sie doch noch einen Weg und die Kraft findet, den wirtschaftlichen Teufelskreis zu durchbrechen.

Ein Vertrauen darin, dass das ungezügelte Wachstum der Geldmenge gestoppt werden kann, kann daher nur eine neue Regierung, wenn überhaupt, lancieren. Ohne eine völlig neue Fiskalpolitik, die geschickt mit Einsparmaßnahmen so operiert, dass das Budgetdefizit endlich glaubhaft überwunden werden kann, wird es nicht gehen. Von dem ungeliebten Geld mit den vielen Nullen muss sich der Staat als erstes trennen und per Währungsreform neue, wertbeständige Banknoten ausgeben, die auch halten, was sie versprechen.

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