AT&S: Exklusiv-Interview mit CEO Andreas Gerstenmayer

Unser heutiger Interviewpartner ist der CEO von AT&S, Andreas Gerstenmayer.

AT&S ist ein weltweit führender Leiterplattenhersteller. Eine Kernkompetenz des Unternehmens sind Leiterplatten in der HDI-Microvia-Technologie. Darüber hinaus entwickelt AT&S seit diesem Monat neue Lösungen für autonomes Fahren. Hier wird ein Verbindungskonzept für einen Hochleistungsrechner-Chip hergestellt.

Herr Gerstenmayer, der Markt wurde von Hilfsprogrammen überflutet. Erwarten Sie nachhaltige Änderungen bei den Finanzierungsbedingungen?

A. Gerstenmayer: Aktuell sind die bisherigen für AT&S zugänglichen Hilfsprogramme größtenteils nicht nutzbar. AT&S steht wirtschaftlich sehr stabil da: Unsere Eigenkapitalquote ist mit aktuell 37 % grundsolide und unsere Entschuldungsdauer zum Jahresultimo liegt mit 1,3 Jahren deutlich unter dem von uns definierten Maximalwert von drei Jahren. Auch bei den Investitionen läuft alles im Rahmen unserer Planungen. Für die Umsetzung unserer Vorhaben stehen uns unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. So betragen aktuell unsere Finanzmittel einschließlich der ungenützten Kreditlinien rund 1 Mrd. Parallel dazu haben wir in den vergangenen Jahren unser Bankennetz unter Einbeziehung internationaler Banken ausgebaut.

Das hört sich nach einer guten Ausgangslage an. Was hat sich in Ihrem Unternehmen durch die Corona-Pandemie verändert?

A. Gerstenmayer: Dank des exzellenten Krisenmanagements können wir operativ soweit zufrieden sein. So haben wir insbesondere auf COVID-19­ sehr schnell reagiert. An den AT&S Standorten wurde unter anderem eine Maskenpflicht am Betriebsgelände eingeführt, die Home-Office Regelungen umfassend ausgeweitet, der Kantinenbetrieb eingeschränkt, die Dienstreisetätigkeit gestoppt sowie die Kommunikation soweit möglich auf virtuell umgestellt. Zur regelmäßigen Information aller Mitarbeiter wurde außerdem ein eigener Infopoint im AT&S Intranet erstellt und eine eigene Telefonhotline für alle Fragen der Belegschaft eingerichtet. Wir konnten hinsichtlich der Umsetzung der Maßnahmen auf den reichen Erfahrungsschatz aus China zurückgreifen, wo wir wertvolle Erkenntnisse im Umgang mit der außergewöhnlichen Situation gewonnen haben. Die Erfolge der gesetzten Maßnahmen zeigen sich dadurch, dass AT&S ein sehr gutes erstes Quartal abschließen konnte.

Wegen der – durch die COVID-19 Pandemie verstärkten – globalen Nachfrageschwäche in den Branchen Automobil und Industrieelektronik und den damit einhergehenden Auftragsrückgängen nutzte das AT&S Werk in Fehring  die Möglichkeit der befristeten Kurzarbeit als Überbrückungsmaßnahme.

Wenn auch die COVID-19-Pandemie den Alltag im Markt und in den Unternehmen verändert hat, ist es uns gelungen, die Einflüsse auf die laufende Produktion an den Standorten und damit die wirtschaftlichen Auswirkungen zu kompensieren. In diesen turbulenten Zeiten, geprägt von Konjunktur- und Marktunsicherheiten, zeigt sich die Stabilität unserer erfolgreichen Geschäftsstruktur und die exzellente Marktposition. Die enge Kooperation mit unseren Kunden, der Fokus auf High-End-Technologien und hohe Qualitätsstandards erweisen sich als Basis für den Erfolg.

Trotz gesenkter Wirtschaftsprognosen sind die globalen Megatrends in der Elektronikindustrie insgesamt betrachtet weiterhin intakt – insbesondere aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung, des neuen Mobilfunkstandards 5G sowie des stark wachsenden Datenaufkommens. AT&S ist dafür ausgezeichnet positioniert und wie oben dargestellt für die Bewältigung der Krise gut gerüstet.

Wenn auch die aktuelle Marktsituation aufgrund des globalen Ausnahmezustands nach wie vor eher unübersichtlich ist, haben wir aufgrund der soliden Geschäftsentwicklung für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende von 0,25 € je Aktie ausgeschüttet.

Vielen Dank für die detaillierte Einsicht. Nun würde mich interessieren, was Sie von den Wettbewerbern der Branche unterscheidet?

A. Gerstenmayer: Wir sind davon überzeugt, dass wir in den letzten Jahren in den Bereichen Miniaturisierung, Modularisierung, Leistungselektronik, Hochfrequenzelektronik, Manufacturing of the Future eine Kompetenz aufgebaut haben, die uns aus dem Gros der Mitbewerber abhebt. Auch ist es eine Kernkompetenz von AT&S neue Technologien schnell zu industrialisieren.

AT&S hebt sich gegenüber den Mitbewerbern auch durch sein breites Industrie- und Applikationsportfolio ab, welches in der Branche nicht Standard ist.

All das spiegelt sich in der Umsatzstruktur von AT&S wider: 80 % des Umsatzes stammen von High-End Anwendungen, während es mit Blick auf den Gesamtmarkt nur 30 % sind.

Wo sehen Sie dadurch die AT&S in 5 Jahren?

A. Gerstenmayer: Die fortschreitende Digitalisierung wird die Anforderungen an die digitale Infrastruktur in den nächsten Jahren massiv erhöhen – sowohl die Anforderungen an die Endgeräte selbst (Modularisierung, Miniaturisierung) als auch die Anforderungen an ihre Umgebung (Datenspeicherung, -übertragung und -verarbeitung). Der neue Mobilfunkstandard 5G wird das transportierte Datenvolumen exponentiell erhöhen und die Kapazitätserfordernisse an die dezentrale Rechenleistung auf ein neues Niveau heben. Damit wird auch die Nachfrage nach hochwertigen IC-Substraten, Modulen und hochleistungsfähigen Mikroprozessoren überproportional wachsen.

Als führender Hersteller von High-End-Leiterplatten und IC-Substraten will AT&S an diesem Potenzial partizipieren. Wir sind in unserem Markt ausgezeichnet positioniert und wollen den Vorsprung in den kommenden Jahren durch Kapazitäts-, Leistungs- und Technologieerweiterung signifikant ausbauen. Mit dem Wiederanspringen der Märkte soll dies mittelfristig zu einer Verdopplung des Umsatzes auf 2 Mrd. € bei einer Ziel-EBITDA-Marge von 25 bis 30 % (bisher 20 bis 25 %) führen.

Wesentliche, für die Umsetzung der Strategie erforderliche Fähigkeiten hat AT&S in den vergangenen Jahren sukzessive aufgebaut. Gleichzeitig werden alle Möglichkeiten zum Aufbau weiterer benötigter Technologien und Fähigkeiten geprüft. In diesem Zusammenhang zieht AT&S sowohl organische als auch nicht organische Maßnahmen in Betracht.

Ich denke auch, dass mit der fortschreitenden Digitalisierung ebenso die Anforderungen an den einzelnen Strukturen steigen. Hier könnte definitiv auch der neue Mobilfunkstandard 5G eine wichtige Rolle spielen. Zum Abschuss habe ich noch eine Frage an Sie: Aus welchen Gründen sollten Anleger nun letztendlich in Ihr Unternehmen investieren?

A. Gerstenmayer: AT&S ist mit seiner Marktpositionierung bestens in all den Märkten vertreten, die in den nächsten Jahren wesentliche Impulse durch die Digitalisierung unserer Gesellschaft erfahren werden. Damit ist AT&S mit seinen Produkten – Leiterplatten, IC Substrate und Modul-Substrate – ein wichtiger Bestandteil des Digitalisierungstrends. Daher lässt sich ableiten, dass daraus für AT&S über die nächsten Jahre wesentliche Geschäftsimpulse gegeben sein werden. Die Mittelfriststrategie, die ein Wachstum auf 2 Mrd. € bei einer EBITDA-Marge von 25 – 30% zeigt, ist mit konkreten Projekten bereits in Umsetzung.

Insbesondere bei den IC-Substraten haben wir mit den großen Investitionsentscheidungen die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir zukünftig genau in den Märkten vertreten sein können, die in den kommenden Jahren deutlich wachsen werden.

Der Entschluss für den Bau des neuen Werkes in Chongqing stärkt dies noch einmal. Wir werden schon sehr bald die neuesten Technologien in großen Volumina produzieren können. Und durch unsere Stärke im Bereich der IC-Substrate sind wir auch für das Thema Big Data gut positioniert. Die explodierenden Datenvolumina werden uns in den kommenden Jahren attraktive Aufgaben auf den Tisch bringen.

Vielen Dank für das spannende Interview, Herr Gerstenmayer. Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitarbeitern weiterhin alles Gute für die Zukunft!

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