11880 Solutions: Interview mit Vorstandschef Christian Maar

Im Rahmen der letzten Münchener Kapitalmarkt Konferenz traf Finanztrends-Autor Sascha Huber CEO Christian Maar von der 11880 Solutions AG zu einem ausführlichen Interview. Hauptthemen: die aktuelle wirtschaftliche Situation des Unternehmens und strategische Planungen für die nähere Zukunft. Das Gespräch fand in der Woche vor Weihnachten statt.

Sehr geehrter Herr Maar, die 11880 Solutions AG, vielen vielleicht noch besser bekannt unter dem alten Namen Telegate AG („Da werden Sie geholfen!“), hat ja im Laufe der letzten Jahre einen starken Wandel durchgemacht. Vielleicht stellen Sie daher unseren Leserinnen und Lesern doch die heutige 11800 Solutions kurz vor!

Antwort von Christian Maar: Die ehemalige Telegate AG firmiert seit Sommer 2016 unter dem Namen 11880 Solutions AG. Die Gesellschaft hat zwar immer noch das ehemalige Kerngeschäft, das Auskunftsgeschäft, im Portfolio, allerdings konzentrieren wir uns seit 2006 auch auf andere Geschäftsfelder, insbesondere unseren Geschäftsbereich Digital.

In dem neuen, prosperierenden Geschäftsbereich Digital helfen wir u.a. Mittelständlern den Sprung von der Offline- in die Onlinewelt zu schaffen. Darüber hinaus ist hier auch unser traditionelles Geschäft mit Daten und Software angesiedelt. Das Digitalgeschäft wird im Geschäftsjahr 2018 bereits einen Umsatzanteil von rund 70 Prozent ausmachen.

Erlauben Sie mir kurz zwei kleine Nachfragen: Umsatz ist das eine, aber wie sieht es denn mit dem Gewinn aus? Und ist der Geschäftsbereich Digital, von dem Sie sprachen, nicht die ehemalige klicktel?

Antwort von Christian Maar: In der 11880 Internet Services AG, die aus der ehemaligen klicktel AG hervorgegangen ist, bündeln wir heute unser Digitalgeschäft. Das heutige operative Geschäft der 11880 Internet Services AG hat jedoch fast nichts mehr mit der ehemaligen klicktel zu tun.

Unser Unternehmen wird im Geschäftsjahr 2018 ein positives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ausweisen. Gemäß unseren Planungen, die wir ja auch kommuniziert haben, möchten wir ab dem Jahr 2020 auch einen positiven Cashflow ausweisen.

Wir sind bis zur Erreichung des Break-Even durchfinanziert. Da sich zudem im Geschäftsjahr 2019 die umfänglichen Restrukturierungsmaßnahmen, die wir seit 2015 durchgeführt haben, auszuzahlen beginnen, werden wir uns ab 2019 – mit einem nun sauber aufgeräumten Unternehmen –wieder auf das Thema Wachstum konzentrieren.

In der Vergangenheit war das noch sehr schwierig. Zwar verzeichneten wir 2018 ein hohes Kundenwachstum und erstmals nach neun Jahren auch wieder ein Umsatzwachstum, zugleich mussten wir jedoch weiter massiv restrukturieren. So habe ich beispielsweise seit meinem Start im Unternehmen zehn Außendienstbüros und das alte Headquarter in München auflösen müssen. Die gesamte mittlere Managementebene ist heute nicht mehr vorhanden, die Mitarbeiterzahl ist von 900 auf 600 Mitarbeiter gesunken.

Wer sind denn aus Ihrer Sicht heute Ihre wichtigsten Wettbewerber? Was das ehemalige Kerngeschäft, die Auskunft, betrifft, vermutlich nach wie vor die Deutsche Telekom. Wen würden Sie darüber hinaus als ernstzunehmende Konkurrenten bezeichnen?

Antwort von Christian Maar: Der größte Wettbewerber im Bereich Auskunft ist die 11883, also die Auskunft der Deutschen Telekom, Was unseren wesentlich zukunftsträchtigeren Digitalbereich angeht, gibt es dagegen eine Menge Wettbewerber. Ganz vorne wären da die Gelben Seiten zu nennen. Im Bereich der Erstellung von Internetseiten gibt es kleinere und größere Internetagenturen, ein Beispiel wäre hier sicherlich die SinnerSchrader AG, im Bereich der Internetdomains die zur United Internet gehörende 1&1. Im Bereich der Lead-Generierung konkurrieren wir dagegen mit Anbietern wie Check24, dem KäuferPortal oder Verivox. Unser Portfolio ist also sehr breit aufgestellt, so dass ich nicht den einen Konkurrenten nennen kann.

Angesichts der zahlreichen Konkurrenten, die Sie in den einzelnen Geschäftsfeldern haben: Wären da Akquisitionen denkbar, um sich in bestimmten Bereichen zu verstärken?

Antwort von Christian Maar: Ehrlich gesagt glaube ich eher, dass wir da aktuell ein potenzielles Akquisitionsziel eines dieser Konkurrenten sein könnten. Aber unsere rund 31.000 zahlende Kunden umfassende Kundendatei wäre für viele wohl durchaus von Interesse.

Darüber hinaus haben wir rund vier Millionen mittelständische Unternehmen in unserer Datenbank, die wir auch in einem Branchenbuch veröffentlichen und die wir auch telefonisch kontaktieren dürfen. Das ist sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal unseres Unternehmens.

Wir stehen nun kurz vor Weihnachten, das (Geschäfts)Jahr 2018 nähert sich also dem Ende. Sie haben ja eben schon ein paar Worte zum Geschäftsverlauf gesagt. Aber wie zufrieden sind Sie denn grundsätzlich mit dem Geschäftsverlauf in 2018?

Antwort von Christian Maar: Wir konnten das Auskunftsgeschäft stabilisieren, im Digitalbereich sind wir dagegen um mehr als 5.500 Neukunden gewachsen. Gleichzeitig haben wir die ganze, langjährige Restrukturierung endlich abschließen können. Ich bin mit dem Jahr 2018 sehr zufrieden.

Das freut mich natürlich zu hören. Aber wenn 2018 schon so gut war, kann 2019 dann wirklich noch besser werden? Welche Chancen und Risiken würden Sie aktuell das kommende Jahr betreffend sehen?

Antwort von Christian Maar: Wir blicken 2019 sehr positiv entgegen, denn wir sehen keinen Stimmungsabriss, was den Geschäftsverlauf betrifft. Nach der abgeschlossenen Restrukturierung des Unternehmens können wir uns 2019 endlich wieder voll auf Wachstum konzentrieren.

Und wo wollen Sie langfristig, auf Sicht von drei, fünf oder auch zehn Jahren, mit Ihrem Unternehmen hin? Haben Sie entsprechende langfristige Pläne?

Antwort von Christian Maar: Natürlich haben wir Pläne für die kommenden zwei Jahre, aber schon ab 2021 wird es schwieriger, denn auf so lange Sicht kann viel passieren, was man gegenwärtig nicht voraussehen kann.

Definitiv meine Hand ins Feuer legen würde ich für unsere Planung für das kommende Geschäftsjahr 2019. Wir planen generell immer recht konservativ, getreu dem angelsächsischen Sprichwort: „Under-promise, Over-deliver“.

An der Börse werden immer wieder sogenannte Megatrends von Anlegern gespielt. Vor einigen Jahren waren dies die BRICS, allen voran natürlich China sowie die damit verbundene weitere Globalisierung. Aktuell sind es eher Dinge wie Digitalisierung, Big Data/Künstliche Intelligenz. Haben solche Megatrends Einfluss auf Ihr Unternehmen und können Sie spezifizieren in wie fern genau?

Antwort von Christian Maar: Big Data haben wir schon lange im Einsatz, weil wir ja von Daten leben. Wir leben davon, vier Millionen Mittelständler zu bedienen und dabei aus Mustern zu lernen. So wird bei uns im Vertrieb immer nach Mustern gesucht. Die beiden großen Kennzahlen, die unser Geschäft treiben, sind: 1.) Wie gut gelingt es uns Nichtkunden zu Kunden zu machen (Konversationsrate)? und 2.) Wie viele unserer aktuellen Kunden verlieren wir?

Die Themen Machine Learning und Artificial Intelligence sind aus meiner Sicht interessanter, jedoch auch bereits bei uns im Einsatz. So haben wir ja das Portal werkenntdenbesten.de, das immerhin 80 Millionen Bewertungen von einer Million Mittelständlern aggregiert. Dieses Portal erhält großen Zuspruch. So haben wir dort, ohne einen einzigen Euro zu investieren, zuletzt schon 1,3 Mio. Unique Visitors verzeichnen können und der Traffic wächst exponentiell.

In diesem Bereich suchen wir daher natürlich permanent nach Diensten, mit denen wir den Anwendern einen Mehrwert bieten können. Eine ML-Anwendung, die wir dabei aktuell erproben, wäre das Angebot einer Tag Cloud auf Basis der ausgewerteten Bewertungen. Damit könnten wir den Anwendern einfacher einen entsprechenden Überblick verschaffen.

Sehen Sie kurzfristig (für das Geschäftsjahr 2019) sowie mittel- bis langfristig (darüber hinaus) spezielle Herausforderungen, die Ihr Unternehmen meistern muss, damit die gesetzten Ziele erreicht werden können?

Antwort von Christian Maar: Eine permanente Herausforderung ist die Gewinnung neuer, kompetenter Mitarbeiter aber auch das Halten von schon länger im Unternehmen beschäftigten, guten Mitarbeitern.

Würden Sie denn sogar so weit gehen und sagen, dass das Unternehmen noch schneller wachsen könnte, wenn Sie die entsprechenden Mitarbeiter finden würden?

Antwort von Christian Maar: Noch ist das bei uns kein limitierender Faktor, weil wir uns bisher bspw. durch externe Lösungen zu helfen wussten.

Lassen wir uns mal über die Aktie Ihres Unternehmens sprechen. Wie eingangs erwähnt ist die 11880 Solutions AG ja aus der Telegate AG hervorgegangen, die ja am Neuen Markt eine durchaus große Nummer war. Der Gründer und damalige CEO, Herr Harisch, war ja durchaus auch öfter mal in den Finanzmedien aktiv. Zudem war das Unternehmen ja auch durch die Werbung von Verona Feldbusch sehr bekannt. Was möchten Sie tun, um die Aktie wieder mehr in den Fokus der Anleger zu rücken?

Antwort von Christian Maar: Am Ende des Tages ist es in der Wirtschaft wie beim Fußball. Es zählen nur Siege, hochgequatscht hat sich noch keiner in der Fußball-Bundesliga. Daher zählt am Ende des Tages nur das Ergebnis. Nur wenn es uns gelingt zu wachsen, also Umsatz und Gewinn zu steigern, werden wir erfolgreich sein.

Lassen Sie mich dann auch mal eine persönliche Frage stellen. Als Sie den Job als CEO der 11880 Solutions AG angenommen haben, war das Unternehmen ja offenbar schwer angeschlagen. Sonst hätten Sie ja auch nicht fast vier Jahre für die Sanierung gebraucht. Was hat Sie denn damals überhaupt dazu bewogen diesen Job anzunehmen?

Wenn Sie sich meine Vita ansehen, werden Sie sehen, dass ich immer in Unternehmen gearbeitet, bei denen es rasant aufwärts oder rasant abwärts ging. Langweilig war es also nie.

So war ich bspw. bei Allegro.pl, eine Art eBay in Polen. Als ich dort anfing waren wir 250 Mitarbeiter, als ich dort nach wenigen Jahren weg ging knapp 1.400 Mitarbeiter. Das Unternehmen wuchs wirklich auf allen Ebenen exponentiell. Fulminant, hochinteressant.

Anschließend war ich bei Immonet, einer Tochter von Axel Springer. Die waren damals die Nummer 3 im Bereich der Immobilienportale, mir ist es dann gelungen sie zur Nummer 2 zu machen.

Daher habe ich seinerzeit beschlossen mal etwas Neues zu machen und eine Aktiengesellschaft führen zu wollen.

Welche konkreten Ziele stehen bei Ihnen bei der Steuerung des Unternehmens im Vordergrund? Legen Sie eher Wert auf Umsatzsteigerungen, auch wenn Sie dafür kurzfristig Verluste in Kauf nehmen müssen oder steht bei Ihnen ein positiver operativer Cashflow bzw. die Profitabilität im Vordergrund?

Unser oberstes Ziel ist es, so schnell wie möglich einen positiven Cashflow auszuweisen, da das Unternehmen vor meinem Einstieg über viele Jahre viel Geld verbrannt hat. Dann haben wir Geld, um zu investieren, und können so das Wachstum wieder vorantreiben.

Das heißt aber auch, dass Anleger, die gerne Dividenden erhalten, noch für einen längeren Zeitraum nicht gut bei Ihnen aufgehoben sind. Korrekt?

Natürlich würden wir gerne eines Tages Dividenden an unsere Anteilseigner ausschütten, aber zurzeit ist das natürlich noch kein Thema. Wir haben gerade eine harte Sanierung hinter uns und sind froh, wenn wir dadurch bedingt zukünftig endlich wieder Investitionen in Marketing und damit letztlich unser Wachstum vornehmen können. Wenn uns das gelingt und wir so eine ähnliche Comeback-Story wie eine Drillisch oder Nemetschek aufs Börsenparkett legen können, dürften sich unsere Anteilseigner sicherlich auch über eine entsprechende Dividende freuen können.

Herr Maar, ich bedanke mich für dieses sehr nette und interessante Gespräch.

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